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Montagsseite: Viel Altes bei der Kneipennacht

18.10.2010
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Programmheft der Kneipennacht Lünen 2010
Programmheft der Kneipennacht Lünen 2010: Ein Potpourri aus Einheitsbrei mit vereinzelten Bröckchen Individualität

Ja, der Feierlaune in Lünen tut auch das Wetter keinen Abbruch. Die Innenstadt ist überschaubar klein und die Wege durch den Regen kurz, wenn man von einem Lokal zum anderen wandern möchte. So also auch wir am 15. Oktober 2010. Drei Männer mit dem Plan: Drei Songs, ein Pils (respektive: Malzbier); und dann weiter zur nächsten Lokation.

Gegen 21Uhr erreichen wir unsere erste Station, die Destille. Diese hat sich wohl direkt von der Kneipennacht verabschiedet und vermeldet per Zettelchen, dass sie geschlossen habe. Dass stattdessen das Cheers eingesprungen ist, haben wir erst am Montag erfahren.

Also zum Brauhaus, wo uns der Zutritt mangels erwerbbarer Eintrittsarmbändchen verwehrt wird. Manch einer munkelt, das läge an der hohen Anzahl Dortmundfans, die die Fußballpartie gegen Köln auf dem Fernseher verfolgen. Dritter Versuch dann im Lükaz, dort ein Bändchen erstanden sowie die erste Band, die ersten drei Songs und die erste Getränkerunde konsumiert. Die Reggaelities präsentieren sich mit verreggaeten Coversongs aus vergangenen Jahrzehnten. Trotz des Aufwärmens alten Liedguts tatsächlich gleich zu Beginn ein Highlight des gesamten Abends. Immerhin schafft die Band mit ihrem Musikstil ein ganz neues Hörempfinden bei den allseits bekannten Songs.

Station Zwei: Ringhotel. Eine Großband spielt Coverrocksongs der achtziger Jahre, und neben der wiederkehrenden Erkenntnis, dass wir den 80ern längst entwachsen sind, gibt es die Offenbarung, dass auch ein "Super-Sound" (Zitat des Programmhefts) durch eine Fehleinschätzung des Tonmischers und überhöhte Lautstärke ad absurdum geführt werden kann ("Sag mal, blute ich aus den Ohren?") und dass unser Plan, drei Lieder durchzuhalten, auch mal einer größeren Selbstkasteiung gleichkommt.

Weiter zum Bikers Home, wo wieder Rocksongs, diesmal der 60er und 70er zum Besten gegeben werden. Ähm... tja. Glücklicherweise machen die Jungs drei Songs später Pause, und so ist der aus Bekanntschaftswiedersehensgründen verlängerte Aufenthalt ganz gut zu überstehen. Danach nochmals zum Brauhaus Drei Linden. Rappelvoll, aber Dortmund spielt ja nur noch 15 Minuten. Musik hören wir nicht, dafür aber das Ooohhh beim Kölner Ausgleich, das Jaaaaaaa beim Dortmunder 2:1 und das GRRÖÖÖLLL des Abpfiffs. Nun - das Programmheft gibt wenigstens Aufschluss: Normalerweise sollte man Acoustic Sound mit Hits der letzten 40 Jahre hören. Mir schwant Fürchterliches, doch glücklicherweise dringt die verstärkerlose Musik aus den hinteren Räumen nicht bis zu uns durch und so bleiben wir gefühlte drei Lieder und verlassen das Brauhaus wieder.

Bei Da Rocco kämpft ein Duo mit italienischen Coversongs wie "'O Sole Mio" gegen unsere gute Laune an. Im Haus Gundermann dagegen spielt die man irische Volksweisen. Erstaunlich, wie erfrischend anders eine Musik klingt, für die man eigentlich nichts übrig hat, wenn einem vorher Uraltklassiker um (und in) die Ohren gehauen wurden.

An einer irisch-keltischen Musikdarbietung in der Kneipe Zum Kamin lässt man uns wegen Überfüllung nicht teilhaben. Erleichterung macht sich breit, denn einmal Irland reicht uns eigentlich schon. Im Café Extrablatt gibt man sich dagegen wiederum Coverversionen ausgewählter Schmankerl des letzten Jahrtausends hin. Als die Band ihren Auftritt unterbricht, überbrückt man die Livepause mit Rumms-Bumms-Mukke der frühen 90er Jahre - immerhin: wir nähern uns der Neuzeit.

Schild mit der Aufschrift No Stairway to HeavenAb in die Lounge des Cineworld, wo man uns wieder mal mit einer Livedarbietung der 80er Jahre beschallt. Wir geben uns geschlagen und kratzen die Kurve, bevor das dritte Lied zuende geht. Im Lippesteg überrascht man uns dann mit dem glasklarem Sound der erstaunlich guten Midlifeband Pub-Connection - leider wieder viel zu laut und (man ahnt es schon) mit typischen Rocksongs der 60er bis 80er Jahre. Gerade habe ich noch Zeit, meine Freunde an den Film "Wayne's World" zu erinnern, wo Kunden eines Musikantenladens nach Anspielen eines einzigen E-Gitarren-Riffs auf ein Schild mit der Aufschrift "No Stairway to Heaven!" hingewiesen werden. Meine Anmerkung dazu: "Hey Micha, wär's nicht cool, so'n Schild dabeizuhaben." Drei Minuten später spielt die Band ebendieses "Stairway to Heaven" an. Was bleibt, ist die Flucht.

Das Café Lydia wirbt im Programmheft mit einem "absolut amtlichen Cover-Rock-Programm". Was soll ich sagen... das Programmheft behält Recht - leider! Wieder begrüßt uns die Musik eines Jahrzehnts, das schon zwanzig Jahre vorbei ist.

Zuletzt landen wir in Omis Schnapshaus, an dessen Unterhaltungswert sich ja sowieso schon alle Geister dieser Welt scheiden. Immerhin ist der Krach vom Band mit Geblöke des Diskjockeys mal was anderes, und außerdem kann man sich auch in eine der weniger stark beschallten Ecke zurückziehen. Trotzdem: Auch hier jagt ein Klassiker der 70-90er Jahre den anderen.

Gegen halb zwei geben wir das Ziel auf, auch noch die restlichen drei (uns bekannten) Lokalitäten besuchen zu wollen. Blues (im Jazz Club) ist defintiv nicht so das Unsrige, Rock-Cover-Bands (im Shaggy's) hatten wir wahrlich genug erlebt, und eine Künstlerin (im Bei Norbert), die sich selbst "Unnas Antwort auf Whitney's Husten" (oder war es Whitney Houston?) nennt, mag womöglich singen können, doch droht sie auf ihrer Webseite mit seichten Popsongs aus ihrer Kinderzeit (ab den 70ern). Das muss zu so fortgeschrittener Stunde wahrlich nicht noch versucht werden. Und dass wir The Smack Ballz (ursprünglich in der Destille geplant und ins Cheers umgezogen) nicht erlebt haben, war übrigens auch nicht mehr schlimm. "Die größten Rock-Klassiker aller Zeiten" (Zitat aus dem Programmheft) hatten wir ja den ganzen Abend schon zur Genüge.

Aber keine Bange - das Gesamtfazit zur Nacht ist durchaus positiv, denn der Querschnitt hat gezeigt: Die Kneipennacht macht tatsächlich Spaß, nur täte den meisten der beteiligten Musiker etwas mehr Individualität ganz gut.

WSS


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